Neurolinguistische Programmierung – Den Song erleben [05]

26. Januar 2015
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Dein Lieblingssong – für 7 Mrd. Menschen

Aus dieser Folge können auch erfahrene Songwriter etwas mitnehmen: Wir stellen Techniken aus dem NLP (Neurolinguistische Programmierung) vor, die euch helfen, viele Menschen gleichzeitig sehr persönlich anzusprechen.

Was ist NLP? Die Neurolinguistische Programmierung beschreibt interessante Verknüpfungen zwischen Sprache und Gehirn. Wir erklären euch durch NLP Beispiele und NLP Übungen die wichtigsten Grundlagen für Neurolinguistische Programmierung. Wir zeigen euch, wie das Gehirn Assoziationen mit einem Songtext verknüpft und wie ihr das Metamodell nutzen könnt, um besser zu kommunizieren.

Neurolinguistische Programmierung

Eines der wichtigsten Ziele beim Songwriting ist, dass ein völlig fremder Hörer den Song beim ersten Hören verstehen kann und sich persönlich angesprochen fühlt. Wenn er Gefühle mit dem Song verbinden kann, entsteht ein viel tieferer Bezug zu eurer Musik. Und wir geben euch in dieser Folge die Mittel, diese Verbindung durch euren Text herzustellen. So, dass jeder Mensch, der die Sprache des Songs versteht, sich persönlich angesprochen fühlt.

Anfang der 1970er Jahre entwickelten Richard Bandler (Mathematiker und Psychologe) und John Grinder (Linguist) das Neuro-Linguistische Programmieren – kurz NLP. Hierbei geht es um Handlungsanweisungen (Programme) für Modelle der neurologischen Vorgänge (Neuro-) beim Sprechen (Linguistik).

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Die beiden Forscher modellierten damals die Kommunikation sehr erfolgreicher Therapeuten mit ihren Klienten, besonders ihre Sprache und Körpersprache. Dabei entstand eine Sammlung von Kommunikationsmodellen, die inzwischen immer populärer werden und vielen Menschen helfen, besser zu kommunizieren. Wir haben uns einige Jahre mit NLP beschäftigt und uns gefragt, welche Modelle für das Songtexten hilfreich sind. Die Wichtigsten davon können wir euch hier präsentieren!

Repräsentationssysteme

Menschen können ihre Umwelt durch ihre fünf Sinne wahrnehmen: Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken. Wenn wir Dinge wahrnehmen, speichern wir diese Erinnerungen gemeinsam mit der Sinnesempfindung ab. Wenn also jemand eine Rose in den Händen hält, speichert er das Wort „Rose“ gemeinsam mit dem Bild „Rote Blume mit Dornen“, dem Gefühl „Sticht, wenn ich zudrücke“ und dem Geruch „Duftet nach Rose“ in seinem Gehirn ab.

Im NLP geht man davon aus, dass jeder Mensch bevorzugte Sinneskanäle hat. Es gibt Menschen, die bei dem Wort „Rose“ am ehesten an das Bild einer Rose denken, also den visuellen Kanal bevorzugen. Andere erinnern sich bei diesem Wort eher an das Gefühl der Dornen und der zarten Rosenblätter. Diese Sinneskanäle nennt man im NLP „Repräsentationssysteme“ und sie werden mit VAKOG abgekürzt:

Visuell – Sehen

Auditiv – Hören

Kinästhetisch – Fühlen

Olfaktorisch – Riechen

Gustatorisch – Schmecken

Dabei sind Sehen, Hören und Fühlen die drei Repräsentationssysteme, die die meisten Menschen bevorzugen. Diese Bevorzugung geht soweit, dass Menschen in normalen Konversationen am liebsten Worte wählen, die ihren bevorzugten Kanal repräsentieren. Wir alle benutzen Worte und Redewendungen, die sich eindeutig in diese Repräsentationssysteme einordnen lassen:

Repräsentationssystem Sinneskanal Wörter Redewendung
Visuell sehen blendend, strahlen etwas einsehen
Auditiv hören still, Krach etwas klingt gut
Kinästhetisch fühlen Schmerz, warm einen festen Standpunkt haben
Olfaktorisch riechen duften, Gestank Eigenlob stinkt
Gustatorisch schmecken herb, süß eine bittere Erfahrung

Jeder Mensch benutzt grundsätzlich alle seine Sinne. Das NLP geht aber davon aus, das die meisten Menschen ein oder zwei bevorzugte Sinneskanäle haben, deren Wörter und Redewendungen sie dementsprechend auch öfter verwenden.

Im Umkehrschluss heißt das für die Kommunikation, das man einen Menschen am persönlichsten ansprechen kann, wenn man Wörter aus seinem bevorzugten Repräsentationssystem verwendet. Der Gesprächspartner kann die Unterhaltung so viel deutlicher wahrnehmen, weil seine Assoziationen und die im Gehirn abgespeicherten Informationen in diesem Sinneskanal viel reichhaltiger sind.

Wie beim Beispiel der „Rose“ gibt es viele Wörter, die mehrere Repräsentationssysteme gleichzeitig ansprechen. Beispielsweise „Lippen“ können visuell und kinästhetisch wahrgenommen werden. „Schmatzen“ kann visuell, auditiv, kinästhetisch und gustatorisch wahrgenommen werden. Sofern das bevorzugte Repräsentationssystem die Wahrnehmung des Wortes zulässt, funktionieren solche Wörter genauso gut, wie Wörter, die ausschließlich ein System ansprechen.

VAKOG beim Songtexten

Leider können wir Songwriter das Repräsentationssystem unseres Hörers nicht herausfinden, so wie die Therapeuten es getan haben. Wahrscheinlich kennen wir unseren Hörer nicht persönlich und zudem sind es im Idealfall mehrere.

Wir wissen nur, dass unter den vielen Hörern verschiedene Repräsentationssysteme vorhanden ist und wir gern alle gleichzeitig bestmöglich ansprechen würden. Die Lösung hierfür liegt in der Quantität der verwendeten Repräsentationssysteme. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Repräsentationssysteme in den besten Songtexten ständig wechseln und alle wichtigen Kanäle gleichzeitig genutzt werden. Visuell, auditiv und kinästhetisch sind hierbei die Wichtigsten.

Diese Idee war zu Beginn nur eine Vermutung. Aber nachdem Felix und ich über Jahre hinweg erfolgreiche Songs aus verschiedenen Genres im Englischen und Deutschen daraufhin analysiert haben, stellte sich heraus, dass die meisten guten Songtexte mit dieser Regel unter einen Hut passen.

Wie kann so ein Songtext nun aussehen, der nun häufig zwischen V, A und K hin- und herspringt? Am besten zeigen wir euch das mal an einem Beispiel:

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Durch die häufig wechselnden Repräsentationssysteme wird das Bild auf vielen Ebenen gezeichnet und der Hörer bekommt einen viel realistischeren Eindruck der Szene. Wenn er sie live erleben würde, hätte er ja auch Reize für alle fünf Sinne verfügbar, von denen er sich seine Bevorzugten filtern kann. Etwas fast so realistisches könnt ihr eurem Hörer geben, wenn ihr alle drei Sinne VAK gleichzeitig ansprecht.

Es wäre sehr anstrengend, beim Songtexten ständig darüber nachdenken zu müssen, welche Systeme gerade angesprochen werden und diese mit bunten Stiften zu markieren. Deshalb versuchen wir, beim Schreiben alle fünf Sinne präsent zu haben und somit intuitiv alle Sinne zu verwenden. Wir nennen diese Übung „Die fünf Sinne anspitzen“.

Dabei begeben wir uns gedanklich in die Szene, die wir beschreiben wollen und stellen uns dort Fragen, die zielgerichtet die Sinne ansprechen:

Wie sieht die Szene aus? Welche Personen und Dinge kannst du sehen?

Was kannst du hören? Wie klingt es?

Wie fühlt sich die Umgebung an? Welche Gefühle löst die Szene in dir aus?

Was kannst du riechen? Gibt es Dinge mit einem besonderen Geruch?

Gibt es Dinge mit einem besonderen Geschmack?

Diese und viele weitere Fragen an eure Sinne haben wir in unserer Fantasiereise eingebaut, die ihr schon aus der letzten Folge kennt. Probiert es vor dem Schreiben aus, für uns macht „Die fünf Sinne anspitzen“ einen großen Unterschied!

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Übung
Übung: Nehmt euch einen bestehenden Text, oder schreibt einen Neuen. Versucht, ganz bewusst alle drei Sinneskanäle anzusprechen, so dass in vier Zeilen jeder Kanal mindestens ein Mal vorkommt. Wenn ihr keine Idee parat habt, dann könntet ihr über "Entspannung im Sommer" schreiben.

Die Lösung könnte zum Beispiel so aussehen:

Eine Strophe zum Thema „Entspannung im Sommer“ könnte beispielsweise so aussehen:

Es ist so schön, mit dir im Gras zu liegen,
die Vögel singen von nem Tag wie diesem.
Lass alles los – es ist uns lange nicht so gut gegangen.
Die Sonnenstrahlen zaubern dir ein Lächeln auf die Wangen.

Hörst du den Wind? Er streichelt dir das Haar,
die Blumen duften bunt, der Himmel ist so klar.
Keine Zeit die wir hier liegen kann verschwendet sein,
lass uns genau hier bleiben und wir geh’n nicht heim.

Metamodell

Das Metamodell ist eine Technik aus dem NLP, um vage Aussagen zu konkretisieren. Durch mehr Details vollzieht sich die Kommunikation auf einer tieferen Ebene und das beschriebene Bild wird konkreter. Diese Technik könnt ihr verwenden, wenn ihr den roten Faden in eurem Songtext vermisst und zu einer Szene noch mehr hinzufügen wollt, damit sie besser nachvollziehbar wird.

Die Technik besteht aus einer Reihe von Fragen, mit denen ihr jeden Bestandteil eurer vagen Aussage konkretisieren könnt. Beispielsweise könnte die vage Aussage „Sie schrieb ihm.“ mit folgenden Fragen spezifiziert werden:

  •  Wer ist sie?
  • Wer ist er?
  • Was schrieb sie?
  • Welche Beziehung haben die beiden?
  • Wann hat sie geschrieben?
  • Wo hat sie geschrieben?
  • Womit hat sie geschrieben?
  • Worauf hat sie geschrieben?
  • Warum hat sie geschrieben?
  • Hat er es schon gelesen?
  • Welche Gefühle hatte sie beim Schreiben und er beim Lesen?

Mit solchen Fragen könnt ihr Details hinzufügen, die die Aufmerksamkeit eures Hörers lenken. Dadurch kann ein Gefühl, ein Bild oder eine Metapher sehr viel deutlicher werden. Mit zu vielen Details nehmt ihr eurem Hörer hingegen die Chance, eigene Assoziationen zuzulassen. Um dem vorzubeugen gibt es das Miltonmodell.

Miltonmodell

Das Miltonmodell ist der Gegenpol zum Metamodell. Hierbei wird nun bewusst vage Sprache verwendet, um so mit den Erfahrungen des Hörers mitzugehen und den Zugang zu unbewussten Ressourcen zu erhalten.

Durch den Einsatz von vager Sprache entstehen Informationslücken. Der Hörer versucht, diese Informationslücken mit seinen eigenen Erfahrungen zu schließen. Er interpretiert seine eigenen Assoziationen in die Szene hinein.

Durch bewusst vage Songtexte könnt ihr somit Zugang zu den unbewussten Ressourcen aller Hörer erhalten und es entsteht eine tiefere Verbindung zwischen Songtext und Hörer, da die individuelle Bedeutung des Songtexts für jeden Hörer varriiert. Hier einmal ein Beispiel dazu:

„Es ist so schön, mit dir im Gras zu liegen.“

Mit dieser Zeile entsteht ein Bild von zwei Personen, die im Gras liegen. Außerdem ist vorgegeben, dass das Gefühl dabei schön ist. Dennoch ist die Aussage so vage, dass jeder Hörer seine eigenen Erfahrungen in die Zeile projizieren kann.

  • Ist es Frühling, Sommer oder Herbst?
  • Ist es Tag oder Nacht?
  • Wer ist die andere Person?
  • Was tun die beiden im Gras außer Liegen?
  • Wo ist dieses Fleckchen Gras? Auf dem Land, in der Stadt, im Freibad oder im Park?
  • Welches Gefühl wird mit dieser Situation wirklich verbunden? Schön ist eine sehr vage Beschreibung.

All diese Informationslücken kann der Hörer mit seinen eigenen Erfahrungen schließen, denn jeder Mensch lag schon einmal im Gras.

Mit solchen vagen Aussagen könnt ihr dem Hörer nur die nötigen Informationen geben, um sein Gefühl zu eurem Thema passen zu lassen, die Details sind für ihn viel wertvoller, wenn es seine eigenen sind. Und so gewinnt euer Song an Gefühlswert.

Starke Wörter

Es gibt Wörter, die bei vielen Menschen automatisch starke Assoziationen wecken. Das sind Wörter wie:

Liebe, ja, nein, bitte, Tod, Kraft, Hass, tief, schwarz, Sonne, trauern, lachen, blau, danke, weinen, Achtung, schreien, Blut, Tränen oder Meer.

Solche Wörter nennen wir „Starke Wörter“. Diese lassen sich nicht unbedingt in die Repräsentationssysteme einordnen. Diese Wörter sind emotional belegt, da uns ihre Bedeutung besonders stark anspricht.

In Musik sind solche Wörter echte „Hinhörer“. Euer Song gewinnt viel an Intensität, wenn ihr starke Wörter verwendet. Hierfür gibt es keine Regel, was genau starke Wörter sind. Unsere beste Methode war bisher, uns selbst zu fragen, welche Wörter bei uns persönlich starke Gefühle auslösen. Welche Assoziationen wecken bei euch starke Gefühle? Schreibt sie auf und verwendet diese Wörter in eurer Musik! Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Wörter nicht nur bei euch mit starken Gefühlen verbunden sind.

Vor fünf Jahren haben Felix und ich einen Song geschrieben, bei dem wir zu Beginn frei Wörter gesammelt haben, die zum Thema „Verzweiflung“ passen und mit starken Gefühlen verbunden sind. Diese Wortliste haben wir im Nachhinein versucht, in einen einigermaßen sinnvollen und vagen Text umzuformen. Hierbei entstand der Song „Die schwarze Seele des Todes“. Beurteilt selbst, welche Wirkung Starke Wörter  entfalten können.

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Übung
Übung: Versucht einmal, zu eurem Songtext aus der letzten Übung starke Wörter zu finden. Baut sie anschließend in euren Text mit ein. Hat sich seine Wirkung verändert? An welchen Stellen könnte euer Text etwas mehr oder weniger Informationen enthalten? Versucht, mit Hilfe des Milton- und Metamodells die Aufmerksamkeit im Text bewusst zu lenken. Könnte der Song nun anders auf einen Hörer wirken, der ihn zum ersten Mal hört?

Die Lösung könnte zum Beispiel so aussehen:

Starke Wörter zum Thema „Entspannung im Sommer“ wären zum Beispiel:

Sonne, Sonnenstrahlen, blau, Himmel, Paradies, Liebe, lachen, danke, Meer, nackt, ja, baden, wundervoll, träumen, frei.

In meinem Textausschnitt habe ich einige dieser Wörter eingebaut:

 

Es ist wundervoll, mit dir im Gras zu liegen,
wir hörn die Vögel singen von nem Sommertag wie diesem.
Lass alles los – Sorgen gibt es heute nicht.
Die Sonnenstrahlen zaubern dir ein Lächeln ins Gesicht.

Auf zum Meer! Das Wasser ist so klar.
Los, lass uns nacktbaden gehen, wir sind fast da.
Ich kann das Meer schon hören, fühlst du, wie es riecht?
Ja, die Zeit mit dir ist wie im Paradies.

 

Der Text hat durch diese Änderungen stark an Intensität zugenommen. Er weckt bei mir viele Assoziationen von Urlaub, Sommer und Meer.

Das war’s schon wieder mit der fünften Folge. Wir hoffen, wir konnten euch einmal eine ganz andere Perspektive auf Songtexte zeigen. Für uns sind die Werkzeuge aus dieser Lektion zum Basisbestandteil aller unserer Songtexte geworden und wir hoffen, dass ihr sie auch so hilfreich findet, wie wir.

Am 20.02. erwartet euch unsere sechste und letzte Folge „Der Feinschliff – 100 lyrische Karat“. Darin wird es um die Überarbeitung eures Songtextes gehen.

Aber jetzt – ran ans Papier und schreibt euren nächsten Songtext! Ihr könnt mir eure Ergebnisse gern an paul.marx.media@gmail.com schicken, ich schaue gern mal drüber.

Viel Spaß beim Ausprobieren!

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